
Die Staatsanwaltschaft hat nur sechs Monate Zeit, um Anklage gegen Fabians Ex-Stiefmutter zu erheben – warum die Polizei jetzt gegen die Zeit arbeitet
Nach der Festnahme der tatverdächtigen Gina H. im Fall des getöteten Fabian aus Güstrow tickt für die Ermittler die Uhr. Nach deutschem Recht muss die Staatsanwaltschaft innerhalb von sechs Monaten über eine mögliche Anklage entscheiden.
Der Tod des achtjährigen Fabian hat bundesweit Trauer und Entsetzen ausgelöst. Der Junge aus Güstrow galt ab dem 10. Oktober als vermisst. Vier Tage später entdeckten Einsatzkräfte seine Leiche an einem Tümpel bei Klein Upahl, rund 15 Kilometer vom Wohnort des Kindes entfernt. Nach bisherigen Erkenntnissen wurde Fabian vermutlich am Tag seines Verschwindens ermordet.

Der Rostocker Oberstaatsanwalt Harald Nowack gibt am 6. November bei einer Pressemitteilung die Verhaftung einer Tatverdächtigen im Fall Fabian bekannt. | Quelle: Getty Images
Die Frau, die damals den Leichenfund gemeldet hatte, ist nun selbst tatverdächtig. Gina H., die ehemalige Lebensgefährtin von Fabians Vater, wurde am 6. November wegen dringenden Tatverdachts festgenommen. Sie hatte zuvor mit der Polizei kooperiert und war bereits mehrfach befragt worden. Nun wird gegen sie wegen Mordverdachts ermittelt.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Rostock werten die Ermittler derzeit zahlreiche Spuren aus. Darunter befindet sich auch ein angesengter Lederhandschuh, der in der Nähe des Fundortes gefunden wurde. Ob dieser tatsächlich mit der Tat in Verbindung steht, ist noch unklar. Pressesprecher Harald Nowack erklärte, man arbeite intensiv an der Auswertung und Zusammenfassung aller Ergebnisse, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden.
„Natürlich arbeitet man auch schon daran, alles zusammenzufassen und zu gucken, wie es Richtung Anklageerhebung oder insgesamt weitergeht“, sagte Nowack in einem Interview. Doch die Ermittler stehen unter Zeitdruck. „Wir sind zeitlich limitiert. Wir haben jetzt maximal sechs Monate seit dem Zeitpunkt der Inhaftierung.“
Dieser Zeitrahmen ergibt sich aus der Strafprozessordnung. Nach § 121 Absatz 1 StPO darf eine Untersuchungshaft wegen derselben Tat grundsätzlich nur bis zu sechs Monate andauern, solange kein Urteil ergangen ist. Eine längere Haft ist nur dann erlaubt, wenn „die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund“ eine Entscheidung bislang verhindert haben.

Symbolbild | Quelle: Getty Images
Das bedeutet: Bis Anfang Mai 2026 müssen die Ermittlungen abgeschlossen und die Anklage gegebenenfalls erhoben werden. Sollte dies nicht gelingen, kann die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht beantragen, die Untersuchungshaft zu verlängern.
Dafür müsste sie aber ausführlich begründen, warum ein Urteil noch nicht möglich ist – etwa weil komplexe Spurenanalysen ausstehen oder neue Beweise bewertet werden müssen. Ohne eine solche Genehmigung müsste der Haftbefehl aufgehoben oder die Haft ausgesetzt werden.

Einsatzkräfte beschlagnahmen bei einer Hausdurchsuchung am 6. November in Reimershagen unter anderem ein Fahrzeug der Tatverdächtigen. | Quelle: Getty Images
Die Polizei arbeitet daher mit Hochdruck an der Auswertung aller Funde. Neben dem möglichen Beweisstück aus der Umgebung des Fundorts werden auch digitale Daten und DNA-Spuren geprüft. Ob der Ort, an dem Fabian entdeckt wurde, auch der Tatort ist, ist noch Gegenstand der Ermittlungen, ebenso wie die Frage, ob weitere Personen an der Tat beteiligt waren. Die Tatverdächtige selbst hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.
Auch wenn die Ermittler immer weiter vorankommen, ist die Situation für die trauernde Familie des Jungen schwer zu ertragen. Man hofft auf Antworten – und darauf, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Der Fall berührt weiterhin viele Menschen, die Anteilnahme in Güstrow und über die Landesgrenzen hinaus bleibt groß.

Die Menschen in Güstrow gedenken Fabian. | Quelle: Getty Images
Bis die Staatsanwaltschaft über eine mögliche Anklage entscheidet, gilt weiterhin die Unschuldsvermutung. Gina H. ist nicht verurteilt, und der dringende Tatverdacht bedeutet lediglich, dass nach derzeitigem Stand erhebliche Beweise auf ihre mögliche Beteiligung hindeuten. Ob sich diese Annahme in einem Gerichtsverfahren bestätigt, bleibt abzuwarten.
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