
Nach 22 Jahren Ehe täuscht er vor, in einem Kajak zu ertrinken, um eine Frau auf der anderen Seite der Welt zu erreichen
Es klang nach einer Tragödie, wie sie sich in den ländlichen Gemeinden im Mittleren Westen der USA kaum jemand hätte vorstellen können: Ein Familienvater kentert mit seinem Kajak auf einem See in Wisconsin und verschwindet spurlos. Zurück bleiben seine Frau, seine Kinder und eine ganze Stadt, die sich in die fieberhafte Suche nach dem Vermissten stürzt.
Doch was zunächst wie ein Unfall aussah, entpuppte sich als einer der bizarrsten Fälle von Täuschung der letzten Jahre. Der Mann, der als Ryan Borgwardt bekannt wurde, hatte seinen Tod nur vorgetäuscht – um auf die andere Seite der Welt zu reisen und eine Frau zu treffen, die er erst wenige Monate zuvor online kennengelernt hatte.
Der Plan eines Familienvaters
Ryan Borgwardt war seit 22 Jahren verheiratet. Er lebte mit seiner Frau und den Kindern in einer kleinen Stadt in Wisconsin, wo man sich kannte und vertraute. Niemand hätte geahnt, dass der 52-Jährige einen Plan schmiedete, der an Absurdität kaum zu überbieten ist.
Wie CNN berichtete, begann er schon Monate vor dem vermeintlichen Unfall, eine zweite Identität aufzubauen. Er schloss eine neue Lebensversicherung ab – ein Detail, das seine Frau später misstrauisch werden ließ. Er beantragte einen Ersatzpass, damit er unauffällig reisen konnte. Und fast grotesk: Er ließ seine Vasektomie rückgängig machen. Der Eingriff, den er Jahre zuvor hatte vornehmen lassen, wurde rückgängig gemacht, weil er mit seiner neuen Online-Bekanntschaft offenbar eine gemeinsame Zukunft plante – inklusive Kindern.
Seine Frau bemerkte diese Veränderungen. Später sagte sie: „Ich stellte fest, dass er eine Lebensversicherung abgeschlossen hatte, dass er einen Ersatzpass beantragte und sogar seine Vasektomie rückgängig machen ließ. Alles innerhalb weniger Monate. Da wusste ich, dass etwas nicht stimmt.“
Die Frau am anderen Ende der Welt
Der vielleicht unglaublichste Teil der Geschichte: Borgwardt hatte die Frau, für die er all dies tat, erst wenige Monate zuvor im Internet kennengelernt. Sie lebte in Europa, tausende Kilometer entfernt. Was als harmlose Online-Bekanntschaft begann, wurde für ihn offenbar zu einer Obsession.
Freunden und Bekannten erzählte er nichts. Für sie blieb er der zuverlässige Vater, der sich bei Schulveranstaltungen blicken ließ und in der Kirche mitarbeitete. Doch heimlich chattete er stundenlang mit der Frau auf der anderen Seite des Atlantiks. Irgendwann reifte in ihm der Entschluss, seine alte Identität zurückzulassen und neu zu beginnen.

Ryan Borgwardt und seine Frau | Quelle: Facebook/Abby Blabby- True Crime & News
Der Tag des „Unfalls“
Am 17. August 2025 fuhr Borgwardt mit seinem Kajak auf den Rock Lake in der Nähe von Lake Mills. Stunden später fanden Spaziergänger das umgekippte Boot, treibend im Wasser. Von ihm selbst fehlte jede Spur. Sofort schlugen die Behörden Alarm.
Die örtliche Zeitung HNGNews berichtete: „Die Suche wird weitergehen. Taucher, Freiwillige und die Polizei durchkämmen den See in der Hoffnung, den vermissten Familienvater zu finden.“ In der Gemeinde brach Betroffenheit aus. Lehrer, Nachbarn und Eltern der Lakeside Lutheran School, an der seine Kinder zur Schule gingen, schlossen sich den Suchaktionen an. Für viele war es unvorstellbar, dass ein Mann wie er einfach verschwinden könnte.
Die Textnachrichten mit seiner Frau
Während die Öffentlichkeit von einem Unglück ausging, spielte sich hinter den Kulissen ein Drama zwischen Ehemann und Ehefrau ab. Die New York Post veröffentlichte später die Textnachrichten, die die beiden in den Tagen vor seinem Verschwinden austauschten.
Seine Frau schrieb ihm verzweifelt: „Wenn du mich betrügen willst, dann sei wenigstens ehrlich. Sag es mir ins Gesicht.“
Er antwortete kühl: „Du wirst verstehen, wenn die Zeit gekommen ist. Ich habe Dinge geplant, die du nicht nachvollziehen kannst.“
In einer weiteren Nachricht flehte sie: „Ryan, bitte hör auf damit. Denk an die Kinder.“
Doch er blieb ungerührt: „Ich denke an sie. Genau deshalb tue ich das. Sie werden in Sicherheit sein. Und ich werde frei sein.“
Diese Dialoge machten später deutlich, wie tief die Kluft zwischen den beiden schon war. Während sie versuchte, die Ehe zu retten, war er längst dabei, sein neues Leben vorzubereiten.
Die großangelegte Suche
Tagelang wurde der See abgesucht. Taucher stiegen ins Wasser, Drohnen überflogen das Gebiet, Freiwillige durchkämmten die Ufer. Zeitungen berichteten täglich über den Stand der Suche. In einer Mitteilung der Polizei hieß es: „Wir lassen nicht nach, bis wir eine Spur haben. Die Familie verdient Gewissheit.“
Währenddessen saß Borgwardt bereits in einem Flugzeug nach Europa. Mit dem Ersatzpass, den er sich besorgt hatte, konnte er die USA unauffällig verlassen.
Für seine Frau und seine Kinder war die Suche ein Albtraum. Freunde organisierten Mahlzeiten, Nachbarn kümmerten sich um die Kinder. Niemand konnte sich vorstellen, dass der vermeintlich verunglückte Vater in Wahrheit lebte und ein neues Doppelleben begann.

Ryan Borgwardt und seine Familie | Quelle: Facebook/Abby Blabby- True Crime & News
Die Enthüllung
Die Wahrheit kam ans Licht, als Behörden begannen, seine finanziellen Aktivitäten genauer zu untersuchen. Es stellte sich heraus, dass kurz vor seinem Verschwinden mehrere Überweisungen ins Ausland getätigt worden waren. Auch die Sache mit der rückgängig gemachten Vasektomie tauchte auf. Ermittler erklärten:
„Wir wussten, dass hier etwas nicht stimmte. Kein Mensch, der wirklich verschwindet, beantragt gleichzeitig einen Ersatzpass und lässt eine Vasektomie rückgängig machen.“
Als schließlich bekannt wurde, dass er in Europa bei seiner Online-Bekanntschaft gesichtet worden war, war die Empörung in seiner Heimatstadt groß. Viele fühlten sich betrogen – nicht nur seine Familie, sondern auch die gesamte Gemeinschaft, die tagelang nach ihm gesucht hatte.

Holzpier am Fluss an einem sonnigen Tag | Quelle: Getty Images
Die Absurditäten des Falls
Je mehr Details bekannt wurden, desto grotesker wirkte die Geschichte. Er hatte seine Lebensversicherung so hoch angesetzt, dass seine Frau und Kinder im Falle seines „Todes“ versorgt gewesen wären – und gleichzeitig einen Neustart mit einer neuen Frau vorbereitet.
Besonders bizarr: Die rückgängig gemachte Vasektomie. Für viele war das der Punkt, an dem klar wurde, dass er sich eine komplett neue Familie aufbauen wollte – ohne Rücksicht auf das Leben, das er hinterließ.
Auch die Polizei zeigte sich fassungslos. Die Ermittler erklärten später, dass die Kombination aus Lebensversicherung, Ersatzpass und der rückgängig gemachten Vasektomie für sie der entscheidende Hinweis war, dass hier kein Unglück, sondern ein Täuschungsmanöver vorlag

Segeln auf rauer See | Quelle: Getty Images
Reaktionen seiner Frau
Für seine Ehefrau war die Enthüllung ein Schock. Sie hatte zunächst um sein Leben gefürchtet, Kerzen bei Mahnwachen angezündet und die Suchteams unterstützt. Als sie erfuhr, dass er sie belogen hatte, reagierte sie mit bitteren Worten: „Er hat nicht nur mich verraten, sondern auch unsere Kinder und eine ganze Stadt. Das werde ich ihm nie verzeihen.“
In einer anderen Nachricht schrieb sie: „22 Jahre lang habe ich an unsere Ehe geglaubt. Und jetzt erfahre ich, dass es für ihn nur eine Lüge war.“

Eine Frau, die ihren Mund mit der Hand bedeckt | Quelle: Getty Images
Ein Mann zwischen Tragödie und Groteske
Heute gilt der Fall Ryan Borgwardt als Beispiel dafür, wie sehr digitale Affären und geheime Doppelleben Menschen in Abgründe führen können. Was als vermeintliche Tragödie begann, endete als groteske Farce. Ein Mann, der sein ganzes Umfeld täuschte, eine Ehefrau, die zwischen Hoffnung und Entsetzen schwankte, und eine Gemeinschaft, die tagelang nach einem Mann suchte, der längst auf dem Weg in ein neues Leben war.
Der Fall wirft Fragen auf: Wie konnte er so lange unentdeckt bleiben? Warum hat niemand die Anzeichen ernst genommen? Und was sagt es über unsere Zeit, dass eine kurze Online-Bekanntschaft ausreicht, um ein ganzes Leben hinter sich zu lassen?

Porträt einer Frau, die ihr Handy benutzt | Quelle: Getty Images
Nach 22 Jahren Ehe entschied sich Ryan Borgwardt für den radikalsten aller Schritte: Er täuschte seinen Tod vor, ließ Frau und Kinder zurück und folgte einer Frau, die er kaum kannte, ans andere Ende der Welt. Er schloss Versicherungen ab, besorgte sich Papiere, ließ medizinische Eingriffe vornehmen und inszenierte einen Unfall – alles für die Illusion eines neuen Lebens.
Seine Geschichte ist eine Mischung aus Tragödie und schwarzer Komödie. Tragisch für die Familie und die Gemeinde, die ihm vertraute. Grotesk in den Details, die den Plan fast wie ein absurdes Drehbuch wirken lassen.
Und am Ende bleibt die bittere Erkenntnis: Während seine Familie am Ufer Kerzen anzündete und Taucher nach ihm suchten, flog er mit einem Ersatzpass über den Atlantik, um eine Frau zu treffen, die er nur aus dem Internet kannte.