
„Ich will nicht aufhören!“: Die legendäre Schauspielerin Claudia Cardinale ist im Alter von 87 Jahren verstorben.
Claudia Cardinale, eine der großen Leinwandlegenden des europäischen Kinos, ist tot. Die Schauspielerin starb am 23. September 2025 im Alter von 87 Jahren im französischen Nemours. Ihre Familie bestätigte, dass sie im Kreis ihrer Kinder friedlich verstorben sei.
Die Nachricht verbreitete sich schnell in internationalen Medien und rief zahlreiche Würdigungen hervor. Cardinale galt als eine Ikone der 1960er-Jahre, als Symbol der Schönheit und der Kraft, aber auch als Schauspielerin mit einer bemerkenswerten Mischung aus Stärke und Verletzlichkeit.

Claudia Cardinale, italienische Schauspielerin, mit einer Bienenkorbfrisur, trägt einen violetten Pullover, um 1960. | Quelle: Getty Images
Kindheit in Tunis und unerwarteter Weg ins Kino
Claudia Cardinale wurde 1938 in Tunis geboren, wo sie als Tochter sizilianischer Eltern aufwuchs. Ihre Kindheit war geprägt von einer multikulturellen Umgebung zwischen Italien, Frankreich und Nordafrika. Französisch war ihre erste Sprache, Sizilianisch ihre zweite.
Eigentlich wollte Cardinale Lehrerin werden. Das Kino erschien ihr fern, fast unerreichbar. Doch ein Schönheitswettbewerb in Tunis im Jahr 1957 veränderte ihr Leben schlagartig: Der Preis war ein Aufenthalt bei den Filmfestspielen in Venedig. Dort entdeckte die italienische Filmindustrie ihr außergewöhnliches Charisma.

Die italienische Schauspielerin Claudia Cardinale, um 1960. | Quelle: Getty Images
Frühe Karriere in Italien
Ende der 1950er-Jahre erhielt sie ihre ersten Rollen in Italien. Regisseure wie Mauro Bolognini gaben ihr Gelegenheit, ihr Talent zu zeigen. Schon früh wurde ihre dunkle Stimme, die sich von anderen Schauspielerinnen abhob, zu einem Markenzeichen.
Ihre Natürlichkeit, gepaart mit einer geheimnisvollen Ausstrahlung, machte sie für Produzenten attraktiv. Schnell spielte sie Hauptrollen in Komödien und Dramen, und der Aufstieg schien unaufhaltsam.

Die italienische Schauspielerin Claudia Cardinale, die ein schwarzes Negligé trägt, sitzt am 21. Juli 1967 vor einem Spiegel am Set von "To Hell With Heroes". | Quelle: Getty Images
Durchbruch mit Fellini und Visconti
1963 war das Schicksalsjahr für Cardinale. Federico Fellini besetzte sie in 8½, einem Meisterwerk des europäischen Kinos, in dem sie an der Seite von Marcello Mastroianni glänzte. Im selben Jahr übernahm sie eine zentrale Rolle in Luchino Viscontis Der Leopard, neben Burt Lancaster und Alain Delon.
Beide Filme wurden Welterfolge und machten Cardinale international berühmt. Ihr Gesicht zierte die Titelblätter, und Hollywood wurde auf sie aufmerksam. Sie spielte bald auch in Produktionen wie The Pink Panther mit Peter Sellers und David Niven.

Claudia Cardinale wird vor Armani während der Paris Fashion Week Haute Couture Herbst/Winter 2019/20 am 02. Juli 2019 in Paris, Frankreich, gesehen. | Quelle: Getty Images
Leone und der Mythos der starken Frau
1968 folgte eine ihrer bekanntesten Rollen: Jill in Sergio Leones Spiel mir das Lied vom Tod. Die Figur verkörperte eine selbstbewusste Frau, die sich in einer brutalen Männerwelt behaupten musste. Cardinale gab dieser Rolle eine Tiefe, die über das Western-Genre hinausging.
Leones Werk wurde zum Klassiker, und Cardinale zu einem Gesicht der neuen europäischen Filmkunst. Sie verband Glamour mit Durchsetzungsfähigkeit, Sinnlichkeit mit Charakter.

Claudia Cardinale und ihre Tochter Claudia in ihrer Pariser Wohnung in Paris, Frankreich am 26. April 2000. | Quelle: Getty Images
„Ich will nicht aufhören!“ – ihre Haltung zur Arbeit
Auch in späteren Jahren wollte Cardinale nicht vom Film lassen. In einem Interview mit The Guardian 2013 lachte sie: „Ich will nicht aufhören! Das ist fantastisch, weiterzuarbeiten. Es ist wichtig.“ Auf die Frage nach dem Warum antwortete sie lachend: „Ich weiß es nicht.“
Diese Worte spiegelten ihre lebenslange Leidenschaft wider. Arbeit war für sie kein Zwang, sondern Ausdruck ihrer Identität. Bis ins hohe Alter blieb sie aktiv, auf Festivals, in Filmen und im Theater.

Claudia Cardinale und Massimo Gargia bei der "Uzbekistan 2020" Charity Dinner Gala im Musee D'Art Moderne De La Ville De Paris. | Quelle: Getty Images
Ein Trauma und ein Geheimnis
Cardinales Leben war jedoch nicht nur von Ruhm geprägt. Mit 19 Jahren wurde sie Opfer einer Vergewaltigung. Aus dieser Gewalterfahrung ging ihr Sohn Patrick hervor.
Um einen Skandal zu vermeiden, wurde Patrick jahrelang als ihr jüngerer Bruder ausgegeben. Cardinale sprach erst Jahrzehnte später offen darüber. Sie erklärte, dass sie damals keine Wahl gehabt habe, wenn sie ihre Karriere retten wollte.

Am 14. März 1970 kam die Schauspielerin Claudia Cardinale mit ihrem Ehemann Franco Cristaldi zur Premiere des Films Les Fleurs Du Soleil mit ihrer Landsfrau Sophia Loren in der Oper von Rom an. | Quelle: Getty Images
Die Beziehung zu Franco Cristaldi
Ein einschneidendes Kapitel ihres Lebens war die Partnerschaft mit dem Produzenten Franco Cristaldi. Er förderte ihre Karriere, übte aber zugleich große Kontrolle über sie aus. Cardinale berichtete später, er habe fast alle Entscheidungen bestimmt, von Rollenangeboten bis hin zu ihrem Privatleben.
Sie beschrieb, dass Cristaldi große Teile ihres Gehalts einbehielt, insbesondere wenn sie für amerikanische Produktionen verliehen wurde. „Ich war nur eine Angestellte, wie eine Büroangestellte“, Fsie sich in einem Interview. Die Beziehung hinterließ Spuren der Abhängigkeit und des Gefangenseins.

Die französische Schauspielerin Claudia Cardinale und der italienische Regisseur Pasquale Squitieri für den Film L'arma | Quelle: Getty Images
Trennung und Neubeginn mit Squitieri
Um 1975 trennte sich Cardinale von Cristaldi. Sie wollte frei sein und ihre Karriere selbst gestalten. Danach begann sie eine lange Beziehung mit dem Regisseur Pasquale Squitieri, einem unabhängigen Filmemacher, der als rechter Provokateur galt.
Ein Biograf erklärte: „In gewissem Sinne wollte sie sich emanzipieren. Sie wollte nicht länger nur als Produkt eines großen Produzenten gelten.“ Doch die Entscheidung hatte ihren Preis: Cardinale und Squitieri wurden von Teilen der italienischen Filmindustrie boykottiert.

Die italienisch-tunesische Schauspielerin Claudia Cardinale nimmt an der Einweihung der Claudia-Cardinale-Straße in der Stadt La Goulette nahe der tunesischen Hauptstadt am 29. Mai 2022 teil. | Quelle: Getty Images
Neustart in Frankreich
Das Paar verließ Italien und zog nach Frankreich. Dort musste Cardinale kleinere Rollen annehmen, um ihre Karriere neu aufzubauen. Sie sprach offen davon, dass sie sich manchmal ausgeblutet fühlte, weil sie plötzlich kein Geld auf ihrem Konto hatte.
Doch sie ließ sich nicht entmutigen. Sie nahm Nebenrollen an, spielte im Theater und nutzte jede Gelegenheit, ihre Leidenschaft weiterzuführen. Frankreich wurde ihre neue Heimat, ein Ort, an dem sie freier leben und arbeiten konnte.

Claudia Cardinale besucht die 26. Gala de L'Espoir Ligue contre Le Cancer im Theatre des Champs Elysees am 22. Oktober 2018 in Paris, Frankreich. | Quelle: © Getty Images
Eine Stimme für Frauenrechte
Aus ihren Erfahrungen entwickelte sich ein Engagement für Gleichberechtigung. Cardinale setzte sich offen für die Rechte von Frauen ein, die in der Filmindustrie oft unterdrückt wurden. Ihr eigenes Schicksal machte sie zu einer glaubwürdigen Fürsprecherin.
Sie unterstützte auch kulturelle Initiativen in Italien, Frankreich und Tunesien. Mit ihrer Geschichte verband sie politische Haltung und künstlerisches Wirken.

Claudia Cardinale in Begleitung ihres Mannes und ihrer Tochter im Elysee-Palast am 22. Juni 1999 in Paris, Frankreich. | Quelle: Getty Images
Späte Jahre und Familie
Auch in höherem Alter blieb Cardinale präsent. Sie trat in Filmen und Serien auf, besuchte Festivals und genoss die Nähe zu ihrem Publikum. Für sie war das Arbeiten eine Form des Lebens selbst.
Cardinale hinterlässt zwei Kinder: ihren Sohn Patrick und ihre Tochter Claudia, die aus ihrer Beziehung mit Squitieri stammt. Beide begleiteten sie oft zu Veranstaltungen und standen ihr bis zuletzt nahe.

Clauda Cardinale mit ihrem Sohn Patrick Frank Cristaldi - 1971. | Quelle: Getty Images
Nachruf auf eine Grande Dame
Claudia Cardinale wird als eine der wichtigsten Schauspielerinnen ihrer Zeit erinnert werden. Sie verband Schönheit mit Stärke, Glamour mit Authentizität. Ihr Vermächtnis reicht von den Klassikern der 1960er-Jahre bis zu ihrem Engagement für soziale Fragen.

Die Schauspielerin Claudia Cardinale besucht die Premiere von "Cleopatra" während der 66. jährlichen Filmfestspiele von Cannes im The 60th Anniversary Theatre am 21. Mai 2013 in Cannes, Frankreich. | Quelle: Getty Images
Ihre Karriere zeigt, wie eng Erfolg und Schmerz verbunden sein können. Sie überwand Traumata, Abhängigkeiten und Boykotte, um immer wieder aufzustehen. Ihr berühmtes Motto „Ich will nicht aufhören“ beschreibt nicht nur ihre Arbeit, sondern ihr ganzes Leben.
Ihr Tod markiert das Ende einer Ära, doch ihre Filme, Interviews und ihr unerschütterlicher Lebenswille bleiben als Inspiration bestehen. Für viele Zuschauerinnen und Zuschauer war sie mehr als eine Schauspielerin: Sie war eine Stimme der Selbstbestimmung und eine Ikone, die weit über die Leinwand hinaus wirkte.
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