
„Meine Ex hat Weihnachten unsere Kinder umgebracht“: Johannes, 44, sagt erstmals vor Gericht über die Tragödie aus
Vor dem Landgericht schildert Johannes F. (44) erstmals, wie er den Verlust seiner beiden Kinder erlebte. An Weihnachten 2023 wurden seine Tochter Marla (7) und sein Sohn Tom (6) von ihrer Mutter Eva F. (39) getötet. Nun versucht der Vater, Worte für eine Tragödie zu finden, die sein Leben für immer verändert hat.
Man sieht ihm an, wie schwer ihm jedes Wort fällt. Johannes, leitender Angestellter aus Rosenheim, sitzt gefasst im Saal. Doch seine Stimme verrät den Schmerz. „Es nimmt mich sehr mit, aber ich will mir hier auch nicht die Blöße geben“, sagt er.

Nahaufnahme eines blauen Polizeifahrzeugs mit der Aufschrift „POLIZEI“ | Quelle: Getty Images
Er erzählt, wie er Eva 2014 bei der Diakonie kennenlernte. „Eva war schon immer eine Person der Extreme. Exzessive Verhaltensweisen, viele Konflikte.“ Trotz Schwierigkeiten habe er geglaubt, dass sie ihre Kinder liebe. Er wiederholte mehrmals:
„Sie hat ihre Kinder geliebt“.
Die Beziehung sei zunehmend von Alkoholproblemen und Ausrastern geprägt gewesen. „Ich habe diese Beziehung länger ertragen, als es gesund gewesen wäre“, sagt Johannes. „Es gab auch mal körperliche Attacken, wenn sie zu viel getrunken hatte.“ Im Dezember 2023 trennte er sich endgültig.

Bunte Gebäude im Zentrum von Rosenheim | Quelle: Getty Images
Seine letzten Worte an Tochter Marla hörte er an Heiligabend. „Ich habe gefragt, wie die Bescherung bei Oma war.“ Es sollte das letzte Gespräch bleiben. Am Morgen des 25. Dezember dann der Anruf eines Freundes: „Bei deiner Ex ist alles voller Blaulicht.“
Johannes rief einen Nachbarn an, der ihn an einen Polizisten weiterleitete. Als er fragte, ob mit seinen Kindern alles in Ordnung sei, bekam er die Antwort: „Ihre beiden Kinder sind tot.“ Johannes berichtet unter Tränen:
„Das war der schlimmste Moment meines Lebens.“

Landgericht in Halle an der Saale, Deutschland | Quelle: Getty Images
Die Mutter soll in jener Nacht von Wahnvorstellungen getrieben gewesen sein. Laut Polizei glaubte sie, ihre Kinder hätten „Knöpfe im Ohr“ und müssten geschützt werden. Sie tötete die beiden mit einem 4,1 Kilogramm schweren Spalthammer und wollte sich anschließend selbst das Leben nehmen. Sie überlebte und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Nach der Tat schrieb Eva Briefe aus der Psychiatrie. Darin machte sie Johannes Vorwürfe: „Wo bist du gewesen?“ Gleichzeitig bat sie ihn, am Grab Blumen für sie zu pflanzen. Johannes versteht diese Worte nicht: „Das klingt so, als wäre ihr die Tragweite gar nicht bewusst – als wäre es ein Betriebsunfall.“
Im Gerichtssaal verdeckte die 39-Jährige ihr Gesicht mit einer Jacke. Ihr Verteidiger kündigte an, dass sie vorerst keine Aussage machen werde. Sie soll an paranoider Schizophrenie leiden.
Für Johannes gibt es seither nur noch ein Leben im Davor und Danach. „Ich bin in therapeutischer Behandlung, seit Mai arbeite ich wieder“, sagt er. Doch die Lücke, die Marla und Tom hinterlassen, wird bleiben.

Frau in Handschellen | Quelle: Getty Images
In Rosenheim erinnern Kerzen, Blumen und Teddybären vor dem ehemaligen Haus der Familie an die beiden Kinder. Nachbarn sprechen leise, manche weinen. „Wir dachten zuerst, das muss ein Unfall gewesen sein. Die Mutter war doch so liebevoll zu ihren Kindern“, sagt eine Frau.
Auch die Einsatzkräfte, die in jener Nacht ins Haus mussten, werden bis heute betreut. Die Bilder der toten Kinder verfolgen sie ebenso wie den Vater. Während der Prozess in Traunstein beginnt, bleibt die Frage nach dem „Warum“ unbeantwortet. Johannes aber will eines klarstellen: „Ich möchte, dass die Menschen wissen, dass Marla und Tom geliebt wurden.“
Gleichzeitig wirft die Tat Fragen auf, die über den Einzelfall hinausgehen. Hätte man die psychische Erkrankung der Mutter früher erkennen und eingreifen können? Für viele im Gerichtssaal ist klar: Die Tragödie von Rosenheim ist nicht nur das persönliche Schicksal eines Vaters, sondern auch ein Mahnmal dafür, wie wichtig Früherkennung und Hilfe bei psychischen Krisen sind.
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