
Daniel Küblböck nahm eine Sprachnachricht auf – seine letzten Worte, bevor er von einem Kreuzfahrtschiff in den Tod sprang
Er war der erste große Star einer deutschen Castingshow. Laut, schillernd, sensibel – und am Ende allein. Daniel Küblböck verschwand im September 2018 spurlos von einem Kreuzfahrtschiff. Eine kürzlich veröffentlichte Sprachnachricht offenbart nun seine letzten Worte.
Am 29. August 2018 ging Daniel Küblböck an Bord der AIDAluna. Die Kreuzfahrt sollte ihn nach New York bringen, wurde aber zu seiner letzten Reise. In den Monaten zuvor hatte sich Küblböck zunehmend mit seiner Identität auseinandergesetzt, sich als Transfrau Lana Kaiser präsentiert und begonnen, feminine Kleidung zu tragen. Die Entscheidung brachte ihn offenbar in innere und äußere Konflikte – auch an Bord. Laut Zeugenaussagen wirkte er angespannt, wurde Ziel homophober Kommentare und schien sich immer weiter zurückzuziehen.

Daniel Küblböck bei DSDS, 2003 | Quelle: Getty Images
Wenige Stunden vor seinem Verschwinden verschickte er eine Sprachnachricht an seinen Ex-Freund Manuel Pilz. Die Aufnahme ist Teil einer neuen ARD-Dokumentation anlässlich seines 40. Geburtstags und wurde dort erstmals öffentlich gemacht. In ruhigem, aber gebrochenem Ton sagt er:
„Hallo Manni, ich bin’s, der Daniel – äh, also die Lana eigentlich. Ich wollte dir nur sagen, dass ich gern von diesem Schiff hier runter möchte. Ich würde gern nach New York fliegen. Auf dem Schiff klappt irgendwie nichts, wie ich es mir… äh, ruf mich doch bitte zurück. Alles klar, mach’s gut, ciao.“
Am 9. September 2018, gegen vier Uhr morgens, sprang Daniel Küblböck vor der Küste Neufundlands ins Meer. Eine Überwachungskamera zeichnete den Moment auf. Eine sofort eingeleitete Suchaktion blieb erfolglos. Sein Körper wurde nie gefunden. Im Jahr 2021 wurde er offiziell für tot erklärt.
Was bleibt, sind Erinnerungen – und Fragen. Am 26. September, rund zweieinhalb Wochen nach dem Verschwinden seines Sohnes, reist Günther Küblböck nach Berlin. Er besucht Daniels Wohnung in Friedrichshain, sucht nach Hinweisen, nach Antworten, nach einem letzten Stück Nähe. Auf dem Türschild steht „Kaiser-Küblböck“, in der Wohnung hängen die Hemden sauber im Schrank, der Plattenspieler liegt bereit, doch von Frauenkleidern oder Schminke keine Spur.
Sein Vater findet Daniels Wohnung ordentlich, fast unberührt, als sei er nur kurz weggegangen. Er übernachtet auf der Couch, schlaflos – und blickt auf ein Gemälde: ein Mann mit einem zweiten Kopf über seinem eigenen, wie ein Ich, das er nicht mehr loswird. Ein Sinnbild für das, was Daniel zuletzt offenbar erlebte.
Daniel Küblböck war nicht nur ein schriller Paradiesvogel, sondern ein Mensch, der zeitlebens um Anerkennung und inneren Halt rang. Vom Casting-Wunderkind aus Eggenfelden zum Popstar, Schauspielschüler, Entertainer – und schließlich zur zerbrechlichen Figur in einem System, das seine Grenzen nicht schützte.

Daniel Kueblboeck nimmt am 23. November 2017 in Hürth, Deutschland, am RTL-Spendenmarathon 2017 teil | Quelle: Getty Images
Er kämpfte gegen psychische Krisen, suchte Identität, verlor sich in Rollen und Erwartungen. Was von ihm bleibt, sind Gegenstände voller Bedeutung: der silberfarbene Blazer, mit dem er sich selbstbewusst zeigte. Die Songtexte der Aurora, seiner letzten Bühnenrolle. Und der Echo, den er 2004 gewann – Zeichen für einen Höhenflug, der einst voller Hoffnung begann. Daniel Küblböck war 33 Jahre alt, als er ging. Einen Abschiedsbrief hat er nicht hinterlassen. Nur seine letzte Nachricht.
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