
Der Extrembergsteiger „Steppenwolf“ in den Alpen verschwunden – er schickte dieses letzte Foto
Seit Jahrzehnten suchte er die extreme Herausforderung in den Bergen, nun ist der bekannte Extrembergsteiger, der unter dem Spitznamen „Steppenwolf“ bekannt wurde, in den Alpen verschwunden. Über 5500 Gipfel soll er in seinem Leben bestiegen haben, oft allein und unter schwierigsten Bedingungen.
Nun reißt sein Schicksal ein Loch in die Bergsteiger-Community, denn von seinem letzten Aufstieg kehrte er nicht zurück. Das einzige Lebenszeichen, das er hinterließ, war ein Foto, das er kurz vor seinem Verschwinden verschickte.
Der Mann, der als „Steppenwolf“ berühmt wurde, war nie ein typischer Vertreter seiner Zunft. In Interviews und persönlichen Schilderungen betonte er immer wieder, dass er sich schon in jungen Jahren als Außenseiter fühlte. Für die Webseite des Deutschen Alpenvereins, sagte er:
„Ich fühlte mich schon immer als Außenseiter, als Fremdkörper, fremd in der Welt. In der Schule wurde ich von einigen gehänselt. Ich bin sehr verletzlich“.
Mit sechzig Jahren las er den Roman „Der Steppenwolf“ von Hermann Hesse und fand sich darin wieder. Dort beschreibt sich die Figur als einsam, heimatlos, ein Fremdkörper, der sich fremd in der Welt fühlt. Diese Worte passten so sehr zu seinem eigenen Selbstverständnis, dass er sich fortan selbst so nannte. Sein Bergname wurde zu einer Art Lebensprogramm.

Kai Mosbacher | Quelle: facebook.com/Tiffany Fox
Über Jahrzehnte hinweg bestieg er Gipfel auf der ganzen Welt, aber die Alpen blieben sein eigentliches Zuhause. Es hieß, er habe bei jedem Wetter, zu jeder Jahreszeit und in allen Schwierigkeitsgraden Touren unternommen, oft ohne Seilpartner, manchmal tagelang allein in Eis und Schnee. Seine Aufzeichnungen sprechen von mehr als 5500 bestiegenen Bergen. Für ihn war das Bergsteigen nie nur Sport oder Leistung, sondern ein existenzieller Ausdruck, ein Ringen mit den Elementen, das ihm half, die eigene innere Zerrissenheit zu bewältigen.
Jetzt, im Alter von 74 Jahren, wollte er es noch einmal wissen. Er brach zu einer weiteren Solotour in den Alpen auf, offenbar von den Wetterbedingungen unbeeindruckt. Noch am Morgen vor seinem Verschwinden schickte er ein Foto. Darauf ist eine verschneite Landschaft zu sehen, schroff, einsam, voller drohender Wolken. Es sollte sein letztes Lebenszeichen sein. Danach verlor sich seine Spur. Die Behörden schlugen Alarm, nachdem er nicht zu einem vereinbarten Zeitpunkt zurückgekehrt war. Rettungskräfte suchten die Region ab, doch bislang ohne Erfolg. Das Gelände ist schwierig, die Witterung gefährlich.

Suchaktion nach Kai Mosbacher | Quelle: Facebook/Bergrettung Lieser-Maltatal
Für die Bergsteiger-Community ist dieses Verschwinden mehr als ein weiterer tragischer Vorfall in den Alpen. Viele sehen darin eine bittere Konsequenz eines Lebens, das immer an den Grenzen stattfand. Freunde und Weggefährten beschreiben ihn als kompromisslos, als jemanden, der immer den einsamen Weg gesucht habe.
Während andere Bergsteiger Teams und Kameradschaften bevorzugten, zog er die Stille vor, das Ringen mit sich selbst und den Naturgewalten. Er habe nie nach Ruhm oder medialer Aufmerksamkeit gestrebt, heißt es, sondern nach einer Form von Wahrheit, die er nur in der Einsamkeit der Berge finden konnte.

Suchaktion nach Kai Mosbacher | Quelle: Facebook/Bergrettung Lieser-Maltatal
In den letzten Jahren war er zu einer Legende geworden, gerade weil er nie aufgehört hatte. Während andere längst aufgehört oder sich zurückgezogen hatten, ging er weiter, immer höher, immer wieder. Er selbst sprach von einer Art innerer Notwendigkeit. Wer ihn kannte, wusste, dass er den Bergen verfallen war.
Und doch bleibt die Frage, ob er diesmal die Grenzen seines Körpers überschritten hat. Mit 74 Jahren sind extreme Touren in den Alpen lebensgefährlich. Lawinen, Steinschlag und abrupte Wetterumschwünge können selbst den erfahrensten Alpinisten in Sekunden das Leben kosten.

Suchaktion nach Kai Mosbacher | Quelle: Facebook/Bergrettung Lieser-Maltatal
Sein Verschwinden hat nicht nur Spekulationen ausgelöst, sondern auch eine symbolische Dimension bekommen. Der „Steppenwolf“ lebte für die Einsamkeit und die Extreme. Dass er nun in eben dieser Einsamkeit verschwindet, wirkt wie eine tragische Vollendung seiner Geschichte. Für seine Familie und Freunde bedeutet es Schmerz und Ungewissheit.
Für die Bergsteigerwelt aber wird er zu einer Figur, die man vielleicht nie ganz verstehen konnte. Das letzte Foto, das er verschickte, steht nun wie ein Vermächtnis: ein Blick in die kalte, wilde Natur, in die er gegangen ist – und aus der er wohl nicht mehr zurückkehren wird.